Vitamin D: Wundermittel oder Gesundheitsgefahr?
Gastbeitrag von René Gräber
Vitamin D ist ein wichtiges Hormon.
Hormon? In der Tat ist seine Bezeichnung "Vitamin" D nur historischen Gründen verdankt.
Denn Vitamine sind in der Regel essenzielle Stoffe, die der Körper nicht selbst produzieren kann und daher über Nahrungsmittel etc. zugeführt werden müssen. Vitamin D jedoch wird vom Körper selbst synthetisiert, wozu er aber in erster Linie UVB-Strahlung aus dem Sonnenlicht benötigt.
Diejenigen, die in einer sonnenarmen Gegend leben, müssen dann den Vitamin-D-Bedarf über entsprechend Vitamin-D-haltige Nahrungsmittel abdecken. Dies ist nicht einfach, da nur wenige Nahrungsmittel Vitamin D enthalten, und das zumeist auch in unzureichenden Mengen. Hier ist also ein Vitamin-D-Mangel „vorprogrammiert“.
Warum ist Vitamin D so wichtig?
Vitamin D ist wichtig für die Knochen. Beziehungsweise ohne Vitamin D kommt es bei Kindern (und Erwachsenen) zu Rachitis. Also hat Vitamin D etwas mit dem Aufbau des Knochenmaterials zu tun. Aber der Mensch besteht nicht nur aus Knochen.
Es gibt eine Reihe von Erkrankungen, bei denen auffällig häufig ein gleichzeitiger Vitamin-D-Mangel zu beobachten ist. Dieses zeitgleiche Auftreten ist kaum noch mit dem Zufall zu erklären.
Muskelschmerzen und Fatigue und gleichzeitiger Vitamin-D-Mangel sind häufig beobachtet und in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben und untersucht worden (Vitamin D - Ein Hype? Eine Legende? Warnung und Kritik nehmen zu. Ein Faktencheck). Eine Behandlung mit hochdosierten Vitamin D kann zu einer signifikanten Verbesserung von Fatigue und Muskelschmerzen führen.(Hochdosiert heißt kurzzeitig rund 150.000 Einheiten pro Woche).
Andere Erkrankungen, die mit einem Vitamin-D-Mangel in Verbindung gebracht werden, sind Brustkrebs und Hautkrebs. Dazu hatte ich bereits ausführlich in folgenden Beiträgen Stellung genommen:
Böse Sonne, gute Sonne - neue Erkenntnisse zum Vitamin D
Die (überraschende) Ursache für Hautkrebs
Das ist aber noch nicht alles! Darüber hinaus gibt es weitere Verbindungen zu anderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen:
Vitamin D Mangel bei Autismus, Multiple Sklerose und Schwangerschaft
Alzheimer und Demenz: Vitamin D Mangel wichtige Ursache
Und noch weitere Erkrankungen sind im Gespräch, wenn es um Vitamin-D-Mangel geht.
Als da wären:
- Immunschwäche,
- Diabetes,
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
- und auch (generell) Krebserkrankungen.
Oder mit anderen Worten: Die bekannten chronischen Erkrankungen, oft auch als „Zivilisationskrankheiten“ verharmlost, scheinen in ihrer Entwicklung von einem Vitamin-D-Mangel zu profitieren.
Ist eine Substitution notwendig?
Um diese Frage zu beantworten muss ich ein klein wenig ausholen.
Die Sonne ist nach wie vor die beste „Vitamin-D-Quelle“. Ihr Nachteil ist, dass die UVB-Strahlung nur dann die Erdoberfläche erreicht, wenn ein ausreichend steiler Einfallswinkel vorliegt (im Sommer in der Mittagszeit). Im Winter, selbst bei strahlendem Sonnenschein, ist keine Vitamin-D-Bildung möglich, selbst nicht zur Mittagszeit, da die Einfallswinkel der Sonnenstrahlung zu flach sind. Ich habe das Prinzip hierfür und wann die Vitamin-D-Produktion zu welcher Jahreszeit wieder aufgenommen und dann wieder beendet wird in diesem Beitrag genau beschrieben: Böse Sonne, gute Sonne - neue Erkenntnisse zum Vitamin D.
In der Regel und in unseren Breitengraden hört die Vitamin-D-Produktion, trotz strahlender Sonne, gegen Ende September auf und setzt erst im April des folgenden Jahres wieder ein.
Es gibt 2 Möglichkeiten, hier Abhilfe zu schaffen:
Die erste wäre der Besuch von Sonnenstudios. Dies kann funktionieren, kann aber auch mit Problemen verbunden sein, besonders wenn die Röhrenstrahlung zu viel UVA enthält. Mehr dazu in diesem Beitrag: Solarium – Ja oder Nein? Oder: Sind Sonnenstudios wirklich schädlich?
Alternative Nummer zwei sind Vitamin-D-haltige Nahrungsmittel und/oder Nahrungsergänzungsmittel.
Das Problem hier ist, dass die meisten Lebensmittel nicht genug Vitamin D enthalten, um ausreichend hohe Plasmaspiegel langfristig zu erzeugen. Die beiden Nahrungsmittel mit den höchsten Werten sind Chlorella und Lebertran, die pro 100 Gramm über 12.000 Einheiten liefern können. Die danach folgenden Lebensmittel, in 1. Linie fette Fische wie Aal, Lachs, Sardinen, Hering, Bückling etc., liefern nur noch zwischen 400 und 3600 Einheiten pro 100 Gramm.
Alle anderen Lebensmittel enthalten nur noch Spuren von bis überhaupt kein Vitamin D. Eine Substitution über Nahrungsmittel würde also heißen, fast nur noch Fisch zu essen, was auch gleichzeitig eine positive Bilanz in Bezug auf Omega-3-Fettsäuren mit sich bringen würde, aber kaum als eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung betrachtet werden kann.
Nahrungsergänzungsmittel dagegen bieten die Möglichkeit, hier deutlich mehr an Vitamin D zuzuführen, wenn …
… es da nicht das Märchen von der Gefährlichkeit von Vitamin D gäbe, wie es von Schulmedizin und Ernährungswissenschaft immer wieder erzählt wird. In diesem Beitrag: Vitamin D Präparate im Test hatte ich davon berichtet.
Die in Deutschland angebotenen Vitamin-D-Präparate enthalten bestenfalls 1000 Einheiten, da höher dosierte Präparate als „Medikamente“ gelten. Dementsprechend sehen auch die offiziellen Empfehlungen aus, die zwischen 400 und 800 Einheiten täglich pendeln. Höhere Dosierungen gelten als potenziell gesundheitsschädlich bis tödlich, was überhaupt nicht nachvollziehbar ist. Denn ein Sonnenbad im Sommer zur Mittagszeit, wo die Sonne am höchsten steht, produziert in weniger als einer Viertelstunde um die 20.000 Einheiten. Bislang gibt es noch keine Berichte, dass jemand nach einem kurzen Sonnenbad ohnmächtig ins Krankenhaus transportiert werden musste, weil er an einer Vitamin-D-Vergiftung litt.
Sonnenbrände nach stundenlangem Sonnenbaden sind da signifikant häufiger - und kontraproduktiv, da hier nicht mehr Vitamin D gebildet wird als bei einem kurzen Sonnenbad. Sonnenbrände sind nicht nur schmerzhaft, sondern auch potenziell gefährlich in Bezug auf Hautkrebs, und daher zu vermeiden.
Wo liegen die Grenzen und was ist ein guter Wert?
Der schulmedizinisch gesetzte Grenzwert von 20 Nanogramm pro Milliliter reicht gerade einmal aus, um eine Rachitis zu verhindern - zu viel mehr allerdings nicht. Für die willkürlich gesetzte Menge von 12 Nanogramm pro Milliliter und weniger als „Vitamin-D-Mangel“ gibt es keine wissenschaftliche Bestätigung. Im Gegenteil. Man darf hier bereits von einem extremen Mangel sprechen.
Inzwischen hat sich sogar in Teilen der Schulmedizin die Ansicht durchgesetzt, dass ein Vitamin-D-Spiegel von mindestens 30 Nanogramm pro Milliliter anzustreben sei. Bei chronischen Erkrankungen sollte ein Spiegel von 50 Nanogramm erreicht werden, ein Wert der von einer Reihe von Wissenschaftlern auch für eine Prophylaxe von Erkrankungen als unterer Bereich angesehen wird. Optimale Werte scheinen zwischen 50-70 Nanogramm pro Milliliter zu liegen. Diese erreicht man jedoch nicht mit den offiziell empfohlenen Nahrungsergänzungsmitteln von 1000 und weniger Einheiten pro Tag.
Welche Mengen hier notwendig sind, um diese Zielvorgaben zu erreichen, hängt von einer Reihe von Faktoren ab, die man sogar online berechnen kann.
Hier eine "Adressen“, wo man errechnen lassen kann, wie viel Einheiten man täglich benötigt, um einen bestimmten Zielwert in einer definierten Zeit zu erreichen:
Vitamin D Rechner | Dr. Schweikart Verlag
Nicht nur Vitamin D ist wichtig, sondern auch die gleichzeitige Aufnahme von Vitamin K2 und Magnesium, die beide bei der Aktivierung von Vitamin D und zum Calciumtransport notwendig sind.
Gibt es Risiken der Überdosierung?
Überdosierungen durch die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln setzen extrem hohe Mengen über einen ausgedehnten Zeitraum voraus, der oft aus finanziellen Gründen sehr „kurzatmig“ wird.
Es gibt isolierte Fälle, wo User zwischen 10.000-50.000 Einheiten täglich über einen langen Zeitraum eingenommen hatten, wie die „Deutsche Apotheker Zeitung“ zu berichten wusste. Es waren 2 Fälle, die mit akutem Nierenversagen und akuter Hyperkalzämie endeten.
Es gibt aber keinen Grund, mit der Brechstange zu versuchen, seinen Vitamin-D-Spiegel anzuheben. Bei den Vitamin-D-Rechnern, die ich bereits nannte, wird auch eine Erhaltungsdosis angegeben, die nach dem Erreichen des eingegebenen Vitamin-D-Werts zu veranschlagen ist. Diese Werte liegen in der Regel deutlich über der schulmedizinischen 1000er-Grenze, sind aber bei weitem nicht geeignet, Überdosierungen zu provozieren, sondern dienen nur dem Erhalt eines ausreichend hohen Vitamin-D-Werts.
Toxische Blutwerte entstehen bei einer Konzentration von 150 Nanogramm pro Millimeter, also einer Grenze, die doppelt so hoch liegt wie der optimale Bereich von 50-70 Nanogramm pro Milliliter. Diese Werte zu erreichen gelingt nur, wenn man extreme Maßnahmen ergreift, die mit gesundheitsfördernden Eigenschaften wenig zu tun haben.
Weitere Informationen zu diesem Thema findest Du im Buch von René Gräber: Die Vitamin D Therapie - von Heilpraktiker René Gräber